Cambridge Corpus Clock - die Uhr, welche Sekunden "fressen" kann
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Die Corpus-Uhr, auch bekannt als Chronophage oder Heuschreckenuhr, ist eine große, skulpturale Uhr an der Außenfassade der Taylor Library des Corpus Christi College der Universität Cambridge in England. Sie befindet sich ebenerdig an der Kreuzung von Bene’t Street und Trumpington Street und blickt auf die King’s Parade in Cambridge. Die Uhr wurde von John Taylor, einem Alumnus und Ehrenmitglied des Colleges, entworfen und finanziert.
Sie wurde am 19. September 2008 von dem Cambridge-Physiker Stephen Hawking offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Uhr wurde vom Time Magazine zu einer der besten Erfindungen des Jahres 2008 gekürt.
Aussehen
Die Corpus-Uhr mit einer Person zum Größenvergleich
Das Zifferblatt der Uhr ist eine gewellte, 24-karätig vergoldete Edelstahlscheibe mit einem Durchmesser von etwa 1,5 Metern. Sie hat keine Zeiger oder Ziffern, sondern zeigt die Zeit durch einzelne, mit blauen LEDs hinterleuchtete Schlitze im Zifferblatt an. Diese Schlitze sind in drei konzentrischen Ringen angeordnet und zeigen Stunden, Minuten und Sekunden an.
Das dominierende visuelle Merkmal der Uhr ist eine düster wirkende Metallskulptur eines insektenartigen Wesens, das einer Heuschrecke ähnelt. Die Skulptur ist in Wirklichkeit die Hemmung der Uhr (siehe unten). Taylor nennt dieses Wesen den Chronophagen (wörtlich „Zeitfresser“, vom Griechischen χρόνος [chronos] Zeit und εφάγον [ephagon] ich aß). Es bewegt sein Maul und scheint die Sekunden zu „verschlingen“, während sie vergehen, und blinzelt gelegentlich scheinbar zufrieden. Die ständige Bewegung des Wesens erzeugt ein unheimliches, mahlendes Geräusch, das seiner Aufgabe entspricht. Die Stunde wird durch das Klirren einer Kette in einem kleinen Holzsarg angeschlagen, der auf der Rückseite der Uhr verborgen ist.
Unterhalb der Uhr befindet sich eine lateinische Inschrift aus der Vulgata (1. Johannes 2,17): „mundus transit et concupiscentia eius“ („Die Welt vergeht mit ihrer Begierde“).
Die Uhr geht nur einmal alle fünf Minuten genau.[4] Ansonsten scheint das Pendel stehen zu bleiben, und die Lichter können hinterherhinken oder dann plötzlich schneller aufleuchten. Laut Taylor spiegelt diese unregelmäßige Bewegung die „Unregelmäßigkeit“ des Lebens wider.
Der Chronophage, als Kunstwerk im öffentlichen Raum konzipiert, erinnert die Betrachter auf eindringliche Weise an die Unausweichlichkeit der Zeit. Taylor entwarf ihn bewusst so, dass er „erschreckend“ wirkt: „Ich sehe die Zeit im Grunde nicht als Verbündeten. Sie verschlingt jede Minute deines Lebens, und sobald eine vergangen ist, lechzt sie schon nach der nächsten.“ Er wurde als „hypnotisch schön und zutiefst verstörend“ beschrieben.
Die Uhr befindet sich im ehemaligen Eingang einer 1866 erbauten Bankfiliale (entworfen vom Architekten Horace Francis), die ursprünglich die London and County Bank beherbergte. Corpus gestaltete das Gelände um, um die Bibliothek für Studierende des Colleges zu verbessern, nachdem der Mietvertrag der NatWest im Jahr 2005 ausgelaufen war.
Mechanik der Uhr
Vereinfachte Animation der Hemmung sowie der Sekunden- und Minutenscheiben. Zur Verdeutlichung ist jede Minute in nur 10 Sekunden unterteilt, die jeweils sechsmal länger als eine normale Sekunde sind. Die Minutenscheibe ist nach rechts geklappt. Die grünen Linien stellen Schlitze in den rotierenden Scheiben dar, die blauen Linien feste Schlitze.
Geöffnet, um das Innere zu zeigen
Die Corpus-Uhr ist ein Produkt traditioneller mechanischer Uhrmacherkunst. Sie verfügt über die weltweit größte Grashüpferhemmung, einen reibungsarmen Mechanismus, der die Pendelbewegung in eine Drehbewegung umwandelt und gleichzeitig dem Pendel die Energie zurückgibt, die es für seine Schwingung benötigt. Die Heuschreckenhemmung war eine Erfindung des berühmten Uhrmachers John Harrison aus dem 18. Jahrhundert, und Taylor beabsichtigte, mit der Corpus Clock eine Hommage an Harrisons Werk zu schaffen. Da „niemand weiß, wie eine Heuschreckenhemmung funktioniert“, beschloss Taylor, „die Uhr quasi auf links zu drehen“[7], sodass die Hemmung und das von ihr angetriebene Hemmungsrad das charakteristische Merkmal seiner Uhr werden sollten.
Das Uhrwerk der Corpus Clock wird rein mechanisch gesteuert, ohne Computerprogrammierung. Strom wird lediglich für einen Motor benötigt, der das Uhrwerk aufzieht, und für die blauen LEDs, die hinter den Schlitzen im Zifferblatt leuchten. Die Uhr weist viele unerwartete und innovative Merkmale auf; so hält beispielsweise das Pendel in scheinbar unregelmäßigen Abständen kurz an, und der Chronophage bewegt seinen Mund und blinzelt. Taylor erklärt dies folgendermaßen:
Die goldenen Augenlider bewegen sich über das Auge und verschwinden im nächsten Augenblick wieder; wenn man nicht genau hinsieht, bemerkt man es gar nicht … Manchmal sieht man sogar zwei Blinzeln in schneller Folge. Der Blinkvorgang wird durch einen verborgenen Federantrieb ausgeführt, der in bester Tradition der Londoner Uhrmacher des 17. Jahrhunderts gesteuert wird.
Die Feder ist in einem Gehäuse aufgewickelt, das sichtbar auf dem großen Zahnrad montiert ist, welches deutlich aus der Unterseite des Uhrwerks herausragt. Während das riesige Pendel unter der Uhr den Chronophagen beim Umrunden des großen Hemmungsrades schwingt, wird jede Vorwärts- und Rückwärtsbewegung durch Freilaufkupplungen genutzt, um die Antriebsfeder aufzuziehen. Eine Positionssperre verhindert ein Überdrehen der Feder, ermöglicht aber gleichzeitig deren volle Bewegung.
Video in Funktion: The Corpus Clock & Chronophage - Hi-Res
Quelle: KI, Wikipedia, Youtube