
"Chronometer 1" die Seyffert Präzisions Taschenuhr des Alexander Humbold
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Erst durch die Erfindung des Pendels im 17. Jahrhundert, wurden Uhren zu wahren Präzisionsinstrumenten. Durch die Verkleinerung der technischen Komponenten und durch bessere Materialien und Fertigungstechniken wurden auch Taschenuhren letztlich ab dem späten 17. Jahrhundert zu repräsentativen und kostbaren Schmuckstücken.
Diese Preziosen waren sehr populär und wandelten sich ab dem frühen 19. Jahrhundert zu reinsten Präzisionsuhren. Die sich immer mehr spezialisierende naturwissenschaftliche Forschung war hierbei zusätzlicher Impulsgeber, um zuverlässigere Zeitmesser und anderweitige Messinstrumente herzustellen. Dabei spielt in der Geschichte der deutschen Präzisionsuhrmacherei Dresden eine herausragende Rolle.
Ein Mann prägte dieses Gewerbe maßgeblich und machte die Stadt auch überregional bekannt: Johann Heinrich Seyffert (1751-1817). Seyffert war als Uhrenmacher Autodidakt und stellt somit eine absolute Ausnahmeerscheinung im Präzisionsuhrenbau dar.
Er fertigte Taschenchronometer, Reisependulen für die Längengradbestimmung und Bodenstanduhren. Insgesamt baute Seyffert rund 120 Uhren. Er war seit 1801 Inspektor des Mathematisch-Physikalischen Salons und war einer der Ersten, der den Begriff Chronometer für Taschenuhren verwendete.
Um eine möglichst exakt funktionierende tragbare Uhr bauen zu können, studierte Seyffert entsprechende Taschenuhren aus England. Die englische und auch die französische Uhrmacherei war zu diesem Zeitpunkt bereits hochspeziaisiert u.a. durch weitreichende Arbeitsteilung in der Fertigung.
Der Erfolg in der Präzisionsuhrmacherei wird vom technischen Wissen und von der Organisation in der Fertigung bestimmt. Für Seyffert sind diese Verhältnisse bislang noch nicht abschließend geklärt. Dass der Uhrenmacher sich zu diesem Zeitpunkt bereits einen Namen machen konnte, hängt vor allem mit den damals bestehenden persönlichen Netzwerken der führenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Naturforschung zusammen.
So war es fast zwangsläufig, dass kein Geringerer als der große Universalgelehrte Alexander von Humboldt (1769-1859) die von Seyffert mit »Chronometer 1« bezeichnete Taschenuhr benutzte.
Dieses Chronometer war die erste präzise Taschenuhr, welche im deutschen Sprachraum überhaupt gefertigt wurde. Es ist außerordentlich bedeutend, dass der Forschungsreisende auf seiner legendären Südamerika Expedition, zu der er 1799 aufbrach, die von Seyffert hergestellte Uhr mitnahm.
Insgesamt befanden sich in seinem Gepäck wohl rund fünfzig Messinstrumente. Der bedeutende Naturforscher verfügte selbst über den Kontakt nach Dresden. Humboldt war einer der bedeutendsten Gelehrten des 19. Jahrhunderts und seine unbändige Neugier und sein Forscherdrang galten fast allen Gebieten der Naturwissenschaften.
Zu seinen bekanntesten Büchern zählen »Ansichten der Natur« (1808), »Reise in die Äquinoktial-Gegenden des Neuen Kontinents« (1814-1831) sowie der »Kosmos« in fünf Bänden (1845-1862).
Humboldt war sich der epochalen Bedeutung seiner Lateinamerika-Reise bewusst und schrieb: »Welch ein Glück ist mir eröffnet! Mir schwindelt der Kopf vor Freude. Der Mensch muss das Gute und Große wollen. Das Übrige hängt vom Schicksal ab.« Präzisionsuhren besaßen für Humboldt und seine forschenden Zeitgenossen einen ganz besonderen Stellenwert, wie das von Seyffert gefertigte Exemplar eindrücklich beweist.
Die getrennten Ziffernringe für Stunde, Minute und Sekunde sind bei dieser Uhr in einem Dreieck angeordnet und bezeichnen ein sogenanntes »Regulator-Zifferblatt«. Dadurch werden höchste Ansprüche an Präzision und Handhabe ausgedrückt. Auch bei schlechten Lichtverhältnissen konnten auf diese Weise die Anzeigen gut abgelesen werden.
Durch die exakt abzulesende Uhrzeit konnte Humboldt ferner seinen genauen Standort bestimmen. Denn Hauptziel und Zweck dieser sehr genauen Uhr bestand darin, die Bestimmung der geografischen Länge vorzunehmen.
Die Uhr musste hierbei die Zeit des Ausgangsortes bewahren, dann wurde die Ortszeit des jeweiligen Aufenthaltsortes mit der Ausgangszeit verglichen und so konnte durch die ermittelte Differenz die geografische Länge errechnet werden.
Mit diesem Chronometer konnten demzufolge nicht nur genaue Zeitangaben gemacht werden, sondern es wurden zudem die jeweiligen Längengrade in einem ausgeklügelten Verfahren bestimmt. Für Humboldt war dies das ideale Präzisionsinstrument, um die Welt detailliert zu kartographieren