
John Harrison macht Längengrade messbar und rettet unzählige Schiffe und Seeleute
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Das Längenproblem
Während die geografische Breite relativ einfach mit für die Seefahrt hinreichender Genauigkeit bestimmbar ist, gestaltet sich die Bestimmung der Länge mit ähnlicher Genauigkeit weitaus schwieriger.
Das englische Parlament hatte 1714 mit dem Longitude Act bis zu 20.000 Pfund Preisgeld für eine praktikable Lösung des Längenproblems ausgelobt.[4] Das Preisgeld staffelte sich nach Genauigkeit der eingereichten Methode. Erst ein Jahrzehnt nach der Veröffentlichung des Preisgeldes beschäftigte sich John Harrison mit diesem Thema, das ihn bis an sein Lebensende begleiten sollte. Bisher waren mittels astronomischer Navigation noch keine praktikablen Lösungen gefunden worden. Zur Beurteilung eingereichter Vorschläge und zur Verwaltung des Preisgeldes war die Längenkommission (Board of Longitude) eingerichtet worden.
Harrisons Vision
Namhafte Astronomen in ganz Europa bemühten sich um astronomische Lösungen, insbesondere die Monddistanz-Methode, bei der der Winkelabstand des Mondes zu hellen Fixsternen in der Nähe seiner Bahn bestimmt wird. Der astronomische Lösungsansatz baute auf Tabellen von Sternbedeckungen, die zwar damals hinreichend genau berechenbar waren, jedoch die Sichtbarkeit des Mondes voraussetzten und kompliziert anzuwenden waren.
John Harrison setzte dagegen auf genügend genaue Uhren.
Harrison hatte 1713 seine erste Pendeluhr mit Holzräderwerk gebaut und später als erste bedeutende Erfindung die Temperaturabhängigkeit der Pendel kompensiert: Ein Gitter aus zwei Arten von Metallstäben mit unterschiedlicher Wärmeausdehnung (Stahl und Messing) verhinderte die Änderung der Pendel-Gesamtlänge bei Temperaturschwankungen.
Einen reibungsarmen Lauf seiner Standuhren hatte er mit seiner Grasshopper-Hemmung erzielt, schmierungsfreie Holzzahnräder vermieden Abweichungen durch verharzendes Öl. Überprüfungen durch Messung von Sterndurchgängen bewiesen die Verringerung früherer Ungenauigkeiten auf weniger als ein Zehntel.
Danach wollte er ähnlich genaue Uhren für Schiffe konstruieren: 1728 stellte er sein Konzept vor, 1735 sein erstes Modell. Temperaturschwankungen kompensierte er durch Bimetall, Schiffsbewegungen, indem er (im ersten Entwurf) zwei identische Pendel durch eine Feder verband.
Das Chronometer wurde zu Beginn der Reise auf die Sonnenzeit des bekannten Längengrades, nämlich des Greenwich-Meridians, eingestellt. Aus dem Zeitunterschied zwischen der angezeigten Zeit und der (durch Peilung von Sonne oder Gestirnen) ermittelten Ortszeit ließ sich die geographische Länge hinreichend genau berechnen – annähernd sekundengenaue Uhrzeit vorausgesetzt.
Erfolgreiche Tests

Eine Testfahrt mit dem ersten von Harrison entwickelten Modell, heute H1 genannt, nach Lissabon und zurück zeigte weitaus höhere Genauigkeit als für die Erlangung des Preises vorgeschrieben, jedoch hatte die Reisedauer nicht den Bedingungen der Ausschreibung entsprochen.
Vor allem aber stand Harrison als wissenschaftlicher Laie einem gelehrten Gremium gegenüber. Das verzögerte die Annahme seiner Idee um Jahrzehnte. Besonders Sir Nevil Maskelyne (1732–1811), ab 1765 Hofastronom des englischen Königshauses, setzte bis zuletzt auf die Längengradbestimmung mit der (deutlich kostengünstigeren und apparativ einfacher umsetzbaren) Monddistanzen-Methode und änderte die Auslegung der Ausschreibung zu Harrisons Ungunsten.
Harrison erhielt aus dem Fundus der Längenkommission gerade genug Geld für ein verbessertes Modell H2 (1737), später für die kugelgelagerte H3. Keine dieser beiden Uhren wurde getestet, da England im Krieg mit Spanien war und man keinesfalls ein solches Gerät in Feindeshand geraten lassen wollte.
Quelle: Wikipedia